Informationen zu den Radierungen

Kultur im Rechtsrheinischen - Jürgen Kisters (Auszug, 7.4.2015)

'Präzises Handwerk, fantasievolle Bilder'

Künstlerin Ingrid Golz präsentiert ihre Farbradierungen

„Die Künstlerin handhabt das Medium der Tiefdruckgraphik nicht in der traditionellen Strenge einer akribischen, figürlichen Darstellung, sondern nutzt die ganze Bandbreite ungezwungener Experimentierbereitschaft, die seit der künstlerischen Moderne auch jede abstrakte Behandlung der Druckplatte zulässt.

Die traditionelle Radierung bereichert Golz um die Kombination verschiedener druckgrafischer Elemente, indem sie etwa Ätzverfahren und Prägedruck kombiniert oder zahlreiche Drucke für eine Komposition übereinanderlegt. Auch der bildliche Atem asiatischer Kalligraphie ist spürbar.

Bei aller bildnerischen Bewegtheit und gestischen Ungezwungenheit erweist sich Golz als handwerklich sorgfältige Künstlerin. Das geht bei der Druckgraphik allerdings auch nicht anders, wenn sie ihren Zauber zwischen satter Farbmaterialität und feiner Linienführung entfalten soll.

Bei ihren Druckgrafiken hält sich Ingrid Golz im Element des Abstrakt-Expressiven auf. Blaue Wirbel, Wellenschwung und explosionsartige Ausbrüche bestimmen viele Bild- Szenen. In anderen Blättern gibt es wirre Linienverschlingungen, die zunächst wie chaotische Zuckungen erscheinen, gleichzeitig aber auf die Turbulenz größter Lebendig- keit beim Tanz oder in aufgeregten Momenten verweisen. Bisweilen schieben sich auch Zeichen zwischen die abstrakten Gesten, gehen aus ihnen hervor und erweisen sich als symbolische Ausdrucksformen struktureller Vorgänge – etwa Wellen, Spiralen oder Kreise.

Mitten im Chaos, das die Welt zu sein scheint, wirken zahlreiche Ordnungsprinzipien und eine Tendenz zur Harmonie. Immer wieder sind Gleichgewichtsprozesse und Brüche das Thema. Genau dieses Spannungsfeld lotet Ingrid Golz in ihrer Kunst aus, ohne je einen konkreten Gegenstand oder eine eindeutige Bedeutung sichtbar werden zu lassen.

Die Bilder drängen sich nicht auf, verführen aber zu vielen Fantasien.“

Quelle: Jürgen Kisters (7.4.2015, Kölner Stadt-Anzeiger)



Einführungsrede der Kunsthistorikerin Gabriele Bundrock-Hill/M.A. (Auszug, 19.10.2007)

"Lebensstrukturen und Bewegungsrhythmen des Menschen und der Natur stehen im Zentrum ihrer künstlerischen Arbeit. In den Farbradierungen greift die Künstlerin ihr umfassendes Thema ' a u f b r e c h e n ' und die damit verbundene Reaktion von 'Bewegung' und 'Veränderung' explizit auf. Darauf weisen nicht zuletzt die Titel ihrer Werke hin: 'Thermometer, Reifezeit, Durchbruch, Spiralnebel, Gegen den Strich, Bewegung, Welle, begrenztes Chaos und andere...', die den Entwicklungsprozess in Farbe und Form veranschaulichen.

Das anspruchsvolle und arbeitsintensive Verfahren der Tiefdruckgraphik kommt der Experimentierfreude der Künstlerin entgegen, da sich hier durch die oft überraschenden, sich gegenseitig bewirkenden Reaktionen von Material und Ätzprozess unerwartete Effekte einstellen können. Gerade diese Komponente des Unvorhersehbaren innerhalb der Radiertechnik machen den Reiz des künstlerischen Arbeitens aus. Zink- und Kupferplatten werden von Ingrid Golz dabei in eher klassischen Verfahren bearbeitet, wie z.B. der Strichätzung, der Aquatinta (Flächenätzung), Vernis Mou (Weichgrund) oder der Reservage (Zuckertusche).

Ihre Experimentierfreude dokumentiert die Künstlerin nicht nur durch das Nebeneinander verschiedener Ätzverfahren, sondern auch, indem sie mancher handwerklichen Herausforderung nachgibt, die Plattenform mit feinem Bohrer durchbohrt, Teile mit einem Sägeblatt aussägt oder sogar die ganze Platte mit einer Metallschere beschneidet. Dadurch kombiniert sie auch den Tief- und Prägedruck miteinander."

Quelle: Auszug aus der Einführungsrede der Kunsthistorikerin Gabriele Bundrock-Hill/M.A. - vom 19.10.07 in der Glasgalerie des Kulturhauses der Stadt Dormagen und vom 17.11.08 in der Friedenskirche Neuss.